Seit vielen Jahren setzt sich das Nahverkehrsbündnis Niedersachsen (NVBN) mit seinen angeschlossenen Verbänden für gleichwertige Lebensverhältnisse und Umweltbedingungen in allen Regionen des Landes ein. Grundvoraussetzung hierfür ist das im „Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz“ (§ 2.2) formulierte Ziel „Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge“ und weiter §2(3)„Die Aufgabenträger sollen dem Ausbau und der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs gegenüber Maßnahmen für den motorisierten Individualverkehr den Vorrang einräumen, soweit der Nutzen der Maßnahmen für den öffentlichen Personennahverkehr bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung überwiegt.“ Dem fühlt sich auch das NVBN verpflichtet und misst dem – nicht zuletzt im Hinblick auf den Klimawandel und die Entwicklung der Fläche- besondere Bedeutung zu. Dazu gehören nach unserer Auffassung eine Weiterentwicklung des Schienennetzes, die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken so wie ein verlässliches kreisübergreifendes Landesbusliniennetz. Die niedersächsische Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, alle Regionen bedarfsgerecht in den ÖPNV einzubeziehen und an die überregional bedeutsamen Bahnknoten anzubinden. Für alle Räume, in denen eine Ausweitung des schienengebundenen Verkehrsangebotes wirtschaftlich nicht vertretbar ist, besteht daher die Möglichkeit, das Schienennetz durch sog. landesbedeutsame Buslinien zu ergänzen. Daseinsvorsorge muss ÖPNV dahingehend entwickeln, dass u.a. Familien- und Lebensplanung nach den ÖPNV-Angebot – ohne den Besitz eines individuellenverkehrsmittel – ausgerichtet werden kann.

Den Gedanken hat hat 2016/2017 die damalige Landesregierung aufgegriffen und dazu ein Gutachten mit folgendem Zielen erarbeiten lassen.

  • Landesbuslinien sollen schnelle Verbindungen zwischen Aufkommensschwerpunkten aufbauen. Sie sollen dabei eine mit dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) vergleichbare Bedienqualität aufweisen und in das SPNV-Netz eingebunden werden.

  • Das Land fördert die Schaffung von landesbedeutsamen Buslinien und hat hierfür einen Fördererlass erstellt. Die Schaffung von landesbedeutsamen Buslinien lässt die Aufgabenträgerschaft für den ÖPNV in Niedersachsen unverändert, d.h. die Zuständigkeit hierfür obliegt den Kreisen und kreisfreien Städten. Das Land greift hier somit nicht ein, stellt aber bei der Erfüllung der Fördervoraussetzungen eine finanzielle Beteiligung in Aussicht.

Zur Bedarfsermittlung wurde ein Gutachten erarbeitet und hierdurch 32 potenzielle Linien identifiziert, später ergänzt um drei weitere Vorschläge des Ministeriums. Diese Liste ist nicht abschließend: Förderfähig sind daher alle Linien, die die Anforderungen des Fördererlasses erfüllen:


Raumordnerisch-verkehrliche Linienanforderungen


  1. Gefördert wird die Anbindung von Mittelzentren ohne eigenen oder regelmäßig bedienten Zugang zum schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (SPNV) an ein Oberzentrum oder an eine SPNV-Station. 


  1. Gefördert werden Verbindungen, die räumliche Lücken im bestehenden SPNV-Netz schließen. Räumliche Lücken im SPNV-Netz liegen vor, wenn sich deutlich zeitgünstigere Verbindungen zwischen Mittelzentren, Mittelzentren mit oberzentralen Funktionen, Oberzentren und Orten mit besonderem Verkehrsaufkommen mit dem straßengebundenen ÖPNV ergeben, als mit dem SPNV. Räumliche Lücken im SPNV-Netz liegen vor, wenn sich deutlich zeitgünstigere Verbindungen zwischen Mittelzentren, Mittelzentren mit oberzentralen Funktionen, Oberzentren und Orten mit besonderem Verkehrsaufkommen mit dem straßengebundenen ÖPNV ergeben, als mit dem SPNV. Eine förderfähige landesbedeutsame Buslinie muss zwischen den maßgebenden SPNV-Stationen verlaufen und eine Reisezeit einhalten, die in der Hauptverkehrszeit gegenüber der Gesamtreisezeit einer Umsteigeverbindung (inkl. der Umstiegszeit) im SPNV höchstens 67 Prozent beträgt. Gefördert werden ferner Parallelverkehre, die zeitliche Lücken im SPNV-Angebot schließen.


  1. Förderfähig sind auch Anbindungen von Orten unterhalb der zentralörtlichen Funktion von Mittelzentren an den SPNV, wenn diese touristische Bedeutung oder auf Grund des Pendleraufkommens eine herausgehobene regionale Bedeutung haben und wegen dieser Bedeutung verkehrlich bedeutsame Aufkommensschwerpunkte darstellen. Auch Verknüpfungsanlagen mit Fährlinien können hierunter fallen.


Reisegeschwindigkeit und Streckenführung

Eine landesbedeutsame Buslinie darf in Abhängigkeit vom Verkehrsgebiet eine Reisegeschwindigkeit von 30 bzw. 35 km/h nicht unterschreiten. Der Umwegfaktor gegenüber der kürzesten öffentlichen Straßenverbindung darf max. 1,25 betragen.


Taktung und Betriebszeiten

Als Bedienungsfrequenz ist i.d.R. ein 1h-Takt vorgesehen. Eine landesbedeutsame Buslinie muss mindestens die nachstehenden Betriebszeiten gewährleisten. Die erste Ankunft im zentralen Ort höherer Stufe bzw. der verknüpften SPNV-Station muss 


  • an Werktagen (Mo-Sa) bis 6 Uhr,
  • an Samstagen bis 7 Uhr und
  • an Sonn- und Feiertagen bis 8 Uhr gewährleistet werden.

Die letzte Abfahrt am zentralen Ort höherer Stufe bzw. der verknüpften SPNV-Station muss


  • an Werktagen (Mo-Fr) nach 23 Uhr, 
  • an Samstagen nach 22 Uhr und
  • an Sonn- und Feiertagen nach 20 Uhr gewährleistet werden. 


Fahrzeugqualitäten

Es ist ein Höchstalter je Fahrzeug bzw. ein Durchschnittsalter der eingesetzten Flotte definiert. Eingesetzt werden müssen Niederflurfahrzeuge, wobei auch Fahrzeuge als niederflurig gelten, die nur zwischen der ersten und der zweiten Tür niederflurig sind (Low Entry Fahrzeuge). Klimaanlage, WLAN, TFT sowie die Einbindung in ein Echtzeitsystem sind obligatorisch.


Tarif:

Es kommt der Tarif des durchfahrenden Verbund-/Verkehrsraumes zur Anwendung.


Anwendungsfälle

Seit der Erlassveröffentlichung Anfang 2017 sind insgesamt elf landesbedeutsame Buslinien in Betrieb genommen worden. Zwei weitere Linien wurden beantragt.

 

Wie wir meinen, ist das Ziel, das Notwendige für dem ländlichen Raum zu tun in Ordnung. Der Ansatz geht unseres Erachtens insofern in die falsche Richtung, weil hier die Umsetzung und somit die Verantwortung für Daseinsvorsorge bei den Aufgabenträgern und deren finanziellem Leistungsvermögen liegt. Zwar fördert das Land aber doch nur für eine begrenzte Zeit. Vorteil für Aufgabenträger, sie können bereits attraktive Buslinien auf Kosten des Landes erweitern, ohne wirklich das Angebot im ländlichen Raum zu verbessern. Auffällt, weitgehend verlaufen die vorgeschlagenen Linien dort wo bereits ein gutes ÖPNV- Angebot vorhanden ist und nur bestehende Linien ergänzt werden brauchen. Ein Förderprogramm das Bestehendes aufwertet, ohne im Kern eine Verbesserung im Hinblick auf Daseinsvorsorge zu bewirken und dem demographischen Erfordernis Rechnung trägt. Bisher vernachlässigte Fläche bleibt weiterhin außen vor und der Trend- Landflucht auf die Zentren- ungebrochen. Demjenigen, der sein individuelles Verkehrsmittel nicht mehr nutzen will oder kann, bleibt nur, sein Bündel zu schnüren und in die Stadt zu ziehen. Der Wunsch von 90% aller Befragten- bis zum Tode in den eigenen 4 Wänden zu bleiben- wird damit mindesten für einen großen Teil der in der Fläche lebenden Menschen unerfüllt bleiben. Was wir brauchen ist neben der Schiene ein verlässliches Landesbusliniennetz, das wie die Schiene vom Land betrieben, nachhaltig die Versorgung auch dünnbesiedelter Bereiche auf Dauer sicherstellt. Ein Netz, das neben der Schiene den Aufgabenträgern ermöglicht ihre Nahverkehrspläne und Raumordnungspolitik daran auszurichten. Ein Angebot also, das Rauordnung neue Chancen ermöglicht und schlussendlich der Fläche gute und kurze Anknüpfmöglichkeiten- und dem ländlichen Raum eine wirkliche Chance bietet.


Karte Anwendungsfälle


Karte landesbedeutsame Linien