Bestellung von touristischen Verkehren durch das Land Niedersachsen

1. Erste Überlegungen

Tagestourismus und Naherholung, insbesondere zu Fuß oder mit dem Fahrrad, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, bietet sich eine Anfahrt zum Ausgangspunkt der Fahrradtour mit der Bahn an, zumal man dann auch irgendwo wieder in Bahn steigen und nach Hause fahren kann.

Um die Attraktivität der Region zu steigern werden in Niedersachsen bereits auf manchen, sonst nicht mit Personenverkehr befahrenen Bahnstrecken, an bestimmten Tagen in der Saison touristische Fahrten angeboten. Dies geschieht zum Teil mit musealen Wagenmaterial und vielem ehrenamtlichen Einsatz.. Die Regionen profitieren von diesen schienengebundenen Angeboten durch eine hohe, überregionale Aufmerksamkeit. Die Fahrgäste kommen in vielen Fällen nicht nur aus der betroffenen Region, sondern zum Teil aus dem ganzen Bundesgebiet, um dieses besondere Reiseerlebnis zu „erfahren“. Oftmals ist eine regionale Wertschöpfung durch Aufenthalte in gastronomischen Betrieben und Pensionen/Hotels zu beobachten. Diese touristischen Bahn-Angebote können in der Regel angesichts enger finanzieller und personeller Ressourcen bei den zumeist ehrenamtlich Aktiven nicht erweitert werden. Außerdem sind zum Teil die Fahrtkosten so hoch, dass viele potentielle Nutzer von einer Inanspruchnahme dieses Angebotes Abstand nehmen. Einige Kommunen hätten gerne so ein Angebot, schrecken aber vor dem organisatorischen und finanziellen Aufwand zurück.

Andernorts ist es so, dass die bestehenden touristischen Verkehre zum Teil wieder in Frage stehen, weil die Kosten für Infrastruktur und Betrieb immer schwerer aufgebracht werden können. Touristische Bahnverkehre haben jedoch nicht nur eine kommunale Bedeutung, sondern mittel- und langfristig eine landespolitische Aufgabe. Denn der Betrieb auf derzeit schwach oder nicht genutzten Bahnlinien sichert eine umweltfreundliche Infrastruktur, die für künftige Verkehr ansonsten nicht mehr zur Verfügung stünde. 

In allen geschilderten Fällen wäre es für die touristische Entwicklung der Regionen sehr förderlich, wenn das Land saisonale touristische Verkehre bestellen würde. Das wäre ein Anreiz für alle, die über ein solchen Angebot nachdenken, für diejenigen, die ihr Angebot erweitern würden und für diejenigen, die sich um die Zukunft ihrer touristischen Verkehre Sorgen machen. Positive Beispiele hierzu gibt es seit vielen Jahren etwa in Rheinland-Pfalz, wo die Landesregierung nicht nur den Betrieb des touristischen Verkehrs (aus Regionalisierungsmitteln) finanziert, sondern auch 85% der erforderlichen Investitionskosten an den Bahnstrecken zur Verfügung stellt.

Bei diesen Überlegungen sollte man auch im Blick haben, dass mit der Förderung von touristischen Verkehren auf der Schiene ein großer Beitrag für den umweltfreundlichen Verkehr geleistet würde.

2. Voraussetzungen

Anders als bei der Reaktivierung von Bahntrassen für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) gelten für die Bestellung von touristischen schienengebundenen Verkehren andere Voraussetzungen.

1. Es muss eine befahrbare herstellbare Schieneninfrastruktur mit Haltepunkten geben, deren sicherer Zustand auf bestimmte Zeit gewährleistet ist. Dafür muss es Verantwortlichkeiten geben.

2. Die an der Trasse liegenden oder sonst auch interessierten Gebietskörperschaften und ihre Touristiker müssen in einem fest installierten Gremium die Angelegenheiten der touristischen Verkehre organisieren und verwalten.

3. Es müssen Fahrzeuge für die Verkehre zur Verfügung stehen.

4. Es muss ein Eisenbahnverkehrsunternehmen geben, das zur Durchführung der Verkehre bereit ist.

5. Es muss ein Tourismus-Konzept geben, in die die Bahnstrecke einbezogen ist.

6. Es muss eine Liste geben, welche besonderen Attraktionen von dem jeweiligen Haltepunkt zu erreichen sind.

7. Die Fahrscheine entsprechen den in Niedersachsen gültigen Tarifen für den Schienenpersonennahverkehr.

8. Die Kommunen entlang der Strecke müssen mit einem Eigenanteil an Betiebs- und Investitionskosten (dieser sollte 15% nicht übersteigen) ihr Interesse an den touristischen Aktivtäten bestätigen.

Ganz wichtig ist zunächst einmal ein Runder Tisch, der alle diese Fragen klärt.

3. Kriterienkatalog

Anders als bei SPNV-Reaktivierungen muss eine andere Lösung als eine Bewertung der Maßnahmen über die sog. Standardisierte Bewertung erfolgen. Insbesondere für Projekte im ländlichen Raum ist dieses Verfahren nicht zielführend.

4. Maßnahmen

Wie bei der Reaktivierung zum SPNV muss es auch hier einen Lenkungskreis geben, der den Kriterienkatalog erarbeitet. Dieser Kriterienkatalog sollte aber offen sein für örtliche Gegebenheiten, die von dem Lenkungskreis überprüft werden. Ein Ranking sollte erarbeitet werden. Je nachdem, wie viel finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, sollte dann für eine Anzahl von Bahnstrecken der touristische Verkehr vom Land Niedersachsen bestellt werden.

Liste der Bahnstrecken mit touristischen Verkehren

Folgende Strecken weisen heute einen mehr oder weniger dichten saisonalen Tourismus-Verkehr an Wochenenden auf. Die fett gedruckten erscheinen mir angesichts der Fahrtenhäufigkeit oder der Relevanz für eine spätere SPNV-Reaktivierung als Kandidaten für eine Reg-Mittel-Zuwendung. Die Liste ist definitiv lückenhaft (bitte selber weiter recherchieren)!

• Norden – Dornum

• Bremerhaven – Bederkesa

• Moorexpress

• Eystrup – Syke

• Bremen – Thedinghausen

• Delmenhorst – Harpstedt

• Verden – Stemmen

• Walsorde – Bomlitz

• Rinteln – Stadthagen

• Derneburg – Bockenem

• Lüneburg – Bleckede

• Lüneburg – Soltau

In Reaktivierung befindliche Strecken
Beispiel Rheinland-Pfalz