Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Streckenreaktivierungen wird immer gegen eine Reaktivierung vorgebracht und dabei auf die Standardisierte Bewertung verwiesen. Diese ist ein bundeseinheitliches Verfahren, um Einheitlichkeit bei Auswahl von Projekten für Landes- und Bundesförderung zu gewährleisten. Es besteht jetzt Einigkeit darüber, dass sie nicht für die Bewertung von Bahnstrecken im ländlichen Raum geeignet ist. Der Bund hat eine Überarbeitung zugesagt.
Für die Inanspruchnahme der vom Bund gesetzlich neu geregelten Bedingungen muss auf Landesebene das Reaktivierungsverfahren noch einmal neu angesetzt werden. Dabei kommt jetzt gewissermaßen die Machbarkeitsstudie ins Spiel als Vorläufer der neuen Standardisierten Bewertung. Sie kann jetzt schon von den Gebietskörperschaften in Auftrag gegeben werden, die von der Reaktivierungswürdigkeit ihrer Bahnstrecken überzeugt sind. In Niedersachsen kann man davon ausgehen, dass die 28 Bahnstrecken, die bei der letzten Untersuchung der LNVG in die zweite Stufe aufgenommen worden sind, dieser Bewertung entsprechen.
Zu neuen Reaktivierungsrunde haben einige Bundesländer schon Maßnahmen ergriffen.
Baden-Württemberg hat als notwendigen Inhalt der Machbarkeitsstudie festgelegt:
1. Bestandsanalyse: stillgelegte Streckeninfrastruktur – heutiges Busnetz – Verkehrsnachfrage (ÖV und IV)
2. Mögliche Betriebskonzepte (Schiene und Bus) mit Betriebskosten
3. Infrastrukturmaßnahmen mit Kostenschätzung
ggf. auch Berücksichtigung alternativer Ansätze (z. B. Stadtbahn)
4. Ermittlung Verkehrsnachfrage und Verlagerungseffekte
5. Abschätzung Nutzen-Kosten-Indikator (in Anlehnung an Standardisierte Bewertung)
Hinzu kommt eine Ergänzende Betrachtung des Nutzen (insbesondere ländlicher Raum):
vereinfachte Nutzen-Kosten-Berechnungen, die weitere Auswirkungen berücksichtigen (z. B. Effekte für regionale Entwicklung).
Diese Berechnungen sind neben vereinfachter Berechnung gemäß dem aktueller Stand. Bewertungsverfahren gesondert auszuweisen!
Hinweis: Bislang darf bei Bundes-GVFG-Vorhaben nicht von aktuell gültigem Standardisierten Bewertungsverfahren abgewichen werden
Derzeit ungeklärt, inwieweit beispielsweise räuml. Entwicklungspotenziale als Nutzenfaktoren zukünftig in das Verfahren einfließen können.“
In Niedersachsen sind es bisher nur Gebietskörperschaften, die sich unter den neuen Bedingungen um die Reaktivierung ihrer Bahnstrecken bemühen.
Der Landkreis Lüneburg ist schon einen Schritt weiter gegangen, indem er für seine Bahnstrecke eine Standardisierte Bewertung in Auftrag gegeben hat, die schon in die Richtung einer überarbeiteten Standardisierten Bewertung für die die Bahnstrecken im ländlichen Raum weist. „Vom Land Niedersachsen ist auf das geltende Regelwerk verwiesen worden, wonach zur Beurteilung solcher Projekte auf das standardisierte Verfahren (Verfahrensanleitung zur standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im schienengebundenen ÖPNV- Version 2016) zurückgegriffen werden muss. Die Politik im Landkreis Lüneburg möchte darüber hinaus weitere Aspekte betrachtet wissen. Aus den Reihen der anrainenden Kommunen werden je nach geografischer Lage verschiedene Anforderungen definiert. Insbesondere aus dem Heidekreis ist die Bereitschaft zur Mitfinanzierung des Gutachtens signalisiert worden, wobei der Anschluss einer reaktivierten Strecke bei Soltau im Fokus steht. Im Landkreis Lüneburg wird die Reaktivierung als wesentlicher Beitrag u.a. zur Entwicklung von Siedlungsachsen, Stärkung des ländlichen Raums, Entlastung der Innenstadt von Lüneburg und Förderung touristischer Verkehre gesehen. Auch die OHE ist zur Mitwirkung bereit und bringt dabei Interessen aus dem Güterverkehr ein.“
Gutachten zur Reaktivierung von Bahnstrecken im Landkreis Lüneburg
Vortrag zur Reaktivierung von Bahnstrecken